Vorlagebeschluss des BGH am 14.05.2020: Wie geht´s weiter mit der HOAI?

Vorlagebeschluss des BGH am 14.05.2020: Wie geht´s weiter mit der HOAI?

Seit der Entscheidung des EuGH vom 04.07.2019 steht die Wirksamkeit des Mindestsatzgebots und des Höchstsatzgebots aus § 7 HOAI 2013 infrage. Die deutschen Oberlandesgerichte sind sich uneins, ob sich die Akteure am Markt für Planungsleistungen direkt auf die vom EuGH angenommene Unwirksamkeit des Mindestsatzgebots und des Höchstsatzgebots wegen Verletzung der europarechtlichen Dienstleistungsfreiheit berufen können.
 
Am 14.05.2020 musste sich der Bundesgerichtshof mit dieser Frage befassen, setzte das Verfahren (VII ZR 174/19) aus und legte dem EuGH mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vor. Der EuGH soll verbindlich klären, ob die HOAI zwischen Privatpersonen noch anzuwenden sei.
 
Das im Instanzenzug zeitlich vor dem Bundesgerichtshof mit dem Sachverhalt befasste OLG Hamm ging nicht von einer unmittelbaren Wirkung der Dienstleistungsrichtlinie in laufenden Gerichtsverfahren zwischen Privatpersonen aus und nahm die uneingeschränkte Fortgeltung der HOAI 2013 an. In der Rechtsprechung des EuGH sei zwar anerkannt, dass sich der Einzelne gegenüber dem Mitgliedstaat in bestimmten Fällen unmittelbar auf eine Richtlinie berufen kann. Allerdings könne diese nicht selbst Verpflichtungen für ihn begründen. Eine Richtlinie könne daher auch nicht in einem Rechtsstreit zwischen Privaten angeführt werden, um die Anwendung der Regelung eines Mitgliedstaats, die gegen die Richtlinie verstößt, auszuschließen. Soweit der EuGH in seiner bisherigen Rechtsprechung in bestimmten Ausnahmefällen - etwa bei Unmöglichkeit einer richtlinienkonformen Auslegung - eine Nichtanwendung unionsrechtswidriger nationaler Vorschriften zwischen Privatpersonen bejaht habe, wird der Streitfall nach Auffassung des BGH hiervon nicht erfasst. Auch zu einem Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit äußert sich der BGH in seiner Pressemitteilung. Sie kann nach seiner Einschätzung jedenfalls nicht ausgeschlossen werden. In einem weiteren Rechtsstreit um Honorarnachforderungen für die Erbringung von Architekten- und Ingenieurleistungen wies der BGH die Revision zurück. In dem Verfahren kam es auf die Rechtsfragen zu den Folgen des EuGH-Urteils aus dem Juli 2019 nicht entscheidungserheblich an.
 
UPDATE 28.02.2022: Entscheidung des EuGH vom 18.01.2022 (C-261/20)/die Berufung auf die Mindestsätze ist weiterhin zulässig/ein nationales Gericht, bei dem ein Rechtsstreit anhängig ist, in denen sich Privatpersonen gegenüberstehen, ist nicht aufgrund des Unionsrechts verpflichtet, geltende Regelungen über Mindesthonorare für die Leistungen von Architekten und Ingenieurennicht anzuwenden. Die Partei, welcher gegenüber abweichend von den vertraglichen Regelungen ein höheres Mindesthonorar abgerechnet wird, kann möglicherweise öffentlich-rechtlicheSchadensersatzansprüche wegen Nichtanwendung des Unionsrechts gegen die Bundesrepublik Deutschland geltend machen.