Wann ist ein Nachbesserungsverlangen unverhältnismäßig? (nach OLG Zweibrücken, Urteil vom 01.10.2012)

Wann ist ein Nachbesserungsverlangen unverhältnismäßig? (nach OLG Zweibrücken, Urteil vom 01.10.2012)

Der Werkunternehmer hat seine mangelhafte Leistung innerhalb der vereinbarten oder gesetzlich geregelten Gewährleistungsfrist gemäß §§ 634, 635 BGB nachzubessern. Nicht selten beruft sich der Unternehmer darauf, dass die Nachbesserung mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden sei und er diese daher nach § 635 Abs. 3 BGB verweigern dürfe.

Mit einem solchen Einwand hatte sich auch das OLG Zweibrücken in dem genannten Urteil zu beschäftigen. Es wies in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nochmals sehr deutlich darauf hin, dass der Einwand der Unverhältnismäßigkeit des Nachbesserungsverlangens nur dann gerechtfertigt ist, wenn mit der Nachbesserung der in Richtung auf die Beseitigung des Mangels erzielbare Erfolg bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls in keinem vernünftigen Verhältnis zur Höhe des dafür erforderlichen Geldaufwandes steht, wenn also das Bestehen auf ordnungsgemäße Vertragserfüllung im Verhältnis zu dem dafür erforderlichen Aufwand unter Abwägung aller Umstände einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt. Hat der Besteller ein objektives Leistungsinteresse an der ordnungsgemäßen Erfüllung des Vertrages, wird die Mangelbeseitigung regelmäßig nicht wegen zu hoher Kosten verweigert werden können.

Ein solches objektives Interesse besteht nach Ansicht des OLG Zweibrücken insbesondere dann, wenn der Werkvertrag nach einem Vergabeverfahren zustande gekommen ist. Ein öffentlicher Auftraggeber muss das Vergaberecht zwingend beachten, welches der Vertragsfreiheit Grenzen setzt. Wesentliche Änderungen eines Vertrages sind vergaberechtlich als Neuvergabe zu werten, denn das Vergaberecht darf nicht dadurch umgangen werden, dass ein bestehender Vertrag in wesentlichen Punkten geändert wird, ohne diesen Vorgang dem Wettbewerb zu öffnen. Ohne die erforderliche Neuvergabe vorgenommene Änderungen stellen eine sogenannte de-facto-Vergabe dar, die ggf. zur Rechtswidrigkeit des Gesamtvertrages führen kann. Der Europäische Gerichtshof hat in einem Urteil aus dem Jahr 2008 Kriterien zur Abgrenzung dafür erarbeitet, wann eine wesentliche Vertragsänderung anzunehmen ist.