Rechtsmittelbeschwer eines klagenden Wohnungseigentümers bei Anfechtungs- und Beschlussersetzungsklage (nach BGH, Beschluss vom 09.02.2017 - Az. V ZR 88/16)

Rechtsmittelbeschwer eines klagenden Wohnungseigentümers bei Anfechtungs- und Beschlussersetzungsklage (nach BGH, Beschluss vom 09.02.2017 - Az. V ZR 88/16)

Der für das Wohnungseigentumsrecht zuständige 5. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs konkretisierte in einer Entscheidung vom 09.02.2017 (V ZR 88/16) die Anforderungen an die Ermittlung der Höhe der Rechtsmittelbeschwer. Demnach bemesse sich das wirtschaftliche Interesse des klagenden Wohnungseigentümers danach, welchen Anteil der jeweilige Wohnungseigentümer an etwaigen Schadensersatzansprüchen - im Zweifel gemessen an dem Miteigentumsanteil – hat.

Hintergrund dieser Entscheidung war der folgende Sachverhalt:

Die Parteien des Rechtsstreits bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Im März 2013 beschloss die Eigentümerversammlung, die Kosten für die Reinigung der Treppenhäuser bei EUR 40.000,00 im Jahr zu deckeln. Der Verwalter beauftragte ab Januar 2014 drei Reinigungsunternehmen mit der Treppenhausreinigung. Dies verursachte Kosten in Höhe von EUR 46.800,00 pro Jahr. In einer Eigentümerversammlung im Mai 2015 wurde die Kostenobergrenze für die Treppenhausreinigung rückwirkend auf EUR 46.800,00 angehoben. Ein weiterer Antrag, wonach ein Rechtsanwalt mit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den Verwalter beauftragt werden sollte, fand hingegen keine Mehrheit. Der Kläger wendet sich gegen diese beiden Beschlüsse. Er erhob Anfechtungs- und Beschlussersetzungsklage mit dem Ziel, dass der zweite Antrag (Beauftragung des Rechtsanwalts) beschlossen wird. Das Amtsgericht wies die Klage ab, das Landgericht wies die Berufung zurück. Die Revision wurde nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin.

Der Bundesgerichtshof hielt die Beschwerde für unzulässig, da der nach §544 ZPO i. V .m. § 28 Nr. 8 EGZPO erforderliche Beschwerdewert von EUR 20.000,00 nicht erreicht wurde.

Zwar bestimme § 49a GKG, dass der Streit in Wohnungseigentumssachen auf 50% des Interesses der Parteien und aller Beigeladenen an der Entscheidung festzusetzen ist. Dieser Streitwert entspreche aber in der Regel nicht der Beschwer, die für die Zulassung eines Rechtsmittels maßgeblich ist. Vielmehr sei entscheidend, welches wirtschaftliche Interesse der Rechtsmittelführer an der Abänderung des angefochtenen Urteils habe. Dies ist unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu werten. Dem Rechtsmittelführer obliegt es, innerhalb der Begründungsfrist die für die Prüfung dieser Zulässigkeitsvoraussetzung erforderlichen Tatsachen darzulegen und glaubhaft zu machen.

Dies sei dem Beschwerdeführer hier nicht gelungen. Denn anders als dieser meinte, komme es nicht auf die Mehrbelastung aller Wohnungseigentümer bzw. die Gesamtforderung gegen den Verwalter an. Das wirtschaftliche Interesse an der Zulassung der Revision bemisst sich für den Beschwerdeführer daran, wie hoch sein Anteil an dieser Forderung ist. Dieser Anteil des Mitglieds einer WEG bemesse sich im Zweifel an seinem Miteigentumsanteil. Daneben bestimmt sich das wirtschaftliche Interesse an der Mehrbelastung, nicht an den gesamten Kosten. Dies habe der Beschwerdeführer nicht dargelegt. Der Miteigentumsanteil lasse sich insbesondere nicht der angefochtenen Entscheidung oder der Beschwerdebegründung entnehmen. Daneben sei es nach Auffassung des Senats auch ausgeschlossen, dass der Anteil des Klägers an der Forderung EUR 20.000,00 übersteige. Denn auch bei Zugrundelegung eines Zeitraums von 3,5 Jahren sei höchstens eine Gesamtforderung von EUR 47.600,00 entstanden. Ausweislich des Protokolls zur Eigentümerversammlung gibt es 351 Stimmen in der WEG. Damit sei ausgeschlossen, dass der Anteil des Beschwerdeführers EUR 20.000,00 übersteige.

Fazit: Diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs überrascht nicht. Denn Sinn und Zweck des § 26 Nr. 8 EGZPO ist, eine Überlastung des BGH zu vermeiden. Der Gesetzgeber bestätigte diese Intention jüngst, als er am 29.12.2016 durch das Gesetz zur Änderung der Insolvenzordnung und zur Änderung des Gesetzes betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung diese Wertgrenze (EUR 20.000,00) bis zum 30.06.2018 verlängerte. Sie zeigt außerdem, dass jedes prozessuale Mittel auch in der Zulässigkeitsstation einer eingehenden vorprozessualen Prüfung bedarf, um dem Mandanten unnötige Kosten zu ersparen und daneben die Zulässigkeitsvoraussetzungen exakt darzulegen und glaubhaft zu machen sind.